Das Unbehagen, welches ich mit Aufrufen zur Solidarität habe, ist, dass eigentlich zu einem bestimmten Verhalten aufgerufen wird und der Begriff der Solidarität ‚genutzt‘ wird.
Es mag vielleicht sein, dass man durch einen solchen sprachlichen Trick einen Impuls zu einem konkreten Verhalten setzen kann, ob dies dann jedoch Solidarität ist, darf bezweifelt werden.
Solidarität kann durch Information oder durch eine Einladung angetickt werden. Sie entwickelt sich jedoch vor allem in der Erfahrung des Miteinanders gesellschaftlicher Randgruppen, innerhalb von Bewegungen, unter Freunden und Schulkameraden.
Sie wächst durch Empathie, durch Mitleid(en) und durch eigenes Erleben. Sie findet ihren Ausdruck in einem besonderen Mut, des Einstehens füreinander.
Solidarität ist nicht gleichbedeutend mit einer guten Moral, sondern bedeutet nur, dass ich mich einer Gruppe oder Bewegung anschließe oder zugehörig fühle.
Besonders riskant ist die Solidarität des Einzelnen, wenn die Gruppe öffentlich und medial geächtet ist.
Solidarisch zu sein ist ein Impuls des Individuums. Darin unterscheidet sich die Solidarität auch von Gehorsam oder dem Befolgen von Befehlen.