Am 09. März 2023 erschien das Buch des münsteraner Philosophen Jörg Phil Friedrich. Ich habe ihn vor längerer Zeit persönlich kennengelernt und war gespannt.

Ich gebe zu, ich musste, den Titel und den * Zusatz erst ein wenig abschütteln. Dazu reichte nicht das Lesen des Klappentextes, nicht einmal die Einführung. Das Cover, mit seinem scheinbar düsteren Postulat „DIE POSTOPTIMISTISCHE GESELLSCHAFT“ auf greller Farbe, dass den Autor Friedrich als Ratgeber für ein guten Leben erscheinen lässt, ist nicht das Buch, auf das ich angesprungen wäre, dass ich mir als Freizeitlektüre ausgesucht hätte.
Vielleicht hätte ich das Buch nicht in die Hand genommen, hätte ich nicht bereits ein Buch des Autors mit viel Freude gelesen. Mir wäre etwas entgangen.
Das Buch ist ein Stück Weg, sich dem Kosmos Gesellschaft analytisch und vielleicht zum ersten Mal in dieser spezifischen Form anzusehen. Dabei ist es sehr anregend Friedrich beim Lesen zu folgen, nah am Zeitgeschehen und zugleich weit weg von Aufregung und Polarisierung.
Es geht um die These, dass Wissenschaft und Technik der Gesellschaft eine lange Zeit für jede Herausforderung die passende Lösung anboten. Dieser Optimismus wird noch einmal aufgeblättert. Friedrich bringt dabei zeitgeschichtliche, politische, wissenschaftstheoretische, philosophische Aspekte zusammen, dass macht das Buch spannend. Der Aufbau des Buches mit seinen einzelnen Kapiteln mag dazu verleiten, mittendrin einzusteigen oder einen Teil herauszupicken, dabei bringt man sich jedoch um die Logik der Argumente und des Denkprozesses:
Gewissheiten ändern sich mit der Zeit und damit auch die allgemeine Vorstellung davon, was für rational gehalten wird. Wir können annehmen, dass der Übergang von der optimistischen zur postoptimistischen Gesellschaft gerade mit einem Paradigmenwechsel hinsichtlich dieser Frage verbunden ist. Gehörte es in der optimistischen Zeit zu den weitverbreiteten Gewissheiten, dass die Wissenschaften all die notwendigen Erkenntnisse bereitstellen könnten, die gebraucht werden, um politisch und gesellschaftlich, vielleicht sogar im alltäglichen und persönlichen Bereich die richtigen Entscheidungen zu treffen, könnte es sein, dass die Menschen in ein paar Jahrzehnten diese Gewissheit für völlig irrational halten.
Jörg Phil Friedrich, Die postoptimistische Gesellschaft, S. 141
Im zweiten Teil des Buches entwirft Friedrich eine Alternative zur Denkrichtung des fortschrittoptimistischen Denkens. Ausgehend von der Tatsache, dass wir als Individuen und als Gesellschaft nach einem guten Leben streben, setzt er Marker, die eine neue zuversichtliche postoptimistische Haltung denkbar und vielleicht sogar möglich machen.
Nach dem Beenden dieses Buches ist der Titel nicht mehr der gleiche. Er ist viel spielerischer, visionärer.
Ich empfehle euch das Buch sehr – auch Romanleserinnen werden Ihre Freude daran haben!
Hier der Link zum Buch bei Thalia
PS: Das Buch eignet sich wunderbar auch für philosophische und gesellschaftlich interessierte Lesekreise.