
Es ist schon viele Jahre her, seit ich in Münster an der Stadtbibliothek an einer Demo „gegen Rechts“ erlebte. Konkret war es eine Demo, die die Empörung der Demonstrierenden darüber zum Ausdruck brachte, dass ein AFD-Politiker einen öffentlichen Raum zugewiesen bekommen hatte (Stadtbibliothek), um zu sprechen.
Die Sprechchöre waren laut und scharf und aggressiv. Es gab Plakate mit Stingefingern und natürlich jede Menge sonstige FCKAFD und „Nazis raus“ Plakate.
In mir kam ein ungutes merkwürdiges Gefühl auf, dass ich gar nicht bedacht hatte. Ich hätte eigentlich erwartet, dass ich mich gut hätte einreihen können in die Demo, zu der mich eine Freundin eingeladen hatte.
Ich konnte mich jetzt jedoch nicht zu diesen Plakaten stellen. Mir erschien es, als ob mit den gleichen Mitteln – Hass und Ablehnung – gegen eine Gruppe gepoltert wurde, die man der anderen Seite vorwarf.
Außerdem war ich ratlos, was die Forderung, des „Raus“, des „keinen Meter“ denn eigentlich bedeuten sollte. Wohin sollte denn diese Gruppe rausgeworfen werden?
Seit vielen Jahren gab und gibt es doch Berichte über die Gründe der Menschen, sich extremen Positionen zuzuwenden. Wir wissen, dass innerer Halt, Zugehörigkeit, Angenommensein und eben auch Ängste, Krisen und Ausgrenzung dazu führen, dass Menschen sich diesen oder jenen Gruppen anschließen. Das gilt ja für uns Alle.
Bei einem Weg Anfang 2022 durch die Innenstadt Münsters kam ich am Prinzipalmarkt vorbei, wo von den Veranstaltern, die damals die Demo an der Stadtbibliothek organisiert hatten, Menschen öffentlich „angezeigt“ wurden, die sich gegen die Ausgrenzung von Menschen mit unterschiedlichen medizinischen Auffassungen eingesetzt hatten.
Diesmal war ich angesprochen. Mein individuelles Körperbewusstsein war zu einem Politikum geworden. Ich war aufgefordert, einer Behandlung zuzustimmen, um nicht als politisch Rechts oder als Verschwörerin zu gelten.
Mir wurde leicht schwindlig. Gleichzeitig bemerkte ich in mir, dass die Rufe jener – damals kleinen Gruppe – mich eher darin bestärkten, bei meiner Haltung zu bleiben. Ich konnte auch ganz und gar nicht erkennen, welcher Weg jetzt vorgeschlagen wurde, außer Ausgrenzung und Bestrafung.
Was die Demos der Bevölkerung – Seite an Seite mit den regierenden Politikern jetzt im Januar 2024 anbelangt, bin ich nicht erstaunt über den großen Zulauf. Der mediale Zuspruch und das Happening haben seine besondere Wirkung entfaltet.
Gleichzeitig habe ich die Vermutung, ja auch die Sorge, dass es den Zuspruch der Menschen zur AFD nicht verringert, sondern dass es eher die Fronten verhärtet, da eben niemand gern beschimpft wird und verächtlich gemacht wird.
Ich meine wir sollten den Dialog suchen und selbst mit Worten abrüsten, unsere Plakate mit Vorschlägen zum Miteinander bestücken.
Ich glaube das Kennenlernen der Menschen mit den unterschiedlichen politischen, religiösen, ökologischen und sonstigen Positionen, dass wäre einen Weg wert. Mit der Überwindung der Sprachlosigkeit verschwindet auch die Angst vor dem Anderen.
So ein Event des Austauschs fänd ich einen lohnenwerten Versuch.