Menschen mit Haltung und Respekt, Menschen, die sich für Humanität, für Menschenrechte und Solidarität, für Respekt und Anstand einsetzen, wer von uns gehört nicht dazu? Wir sind die Guten. Wer würde sich da ausnehmen?
Die Guten, das sind wir im Grunde Alle, losgelöst von unseren unterschiedlichen Ideen dazu für unserem Alltag und natürlich auch in unseren gedanklichen Konstruktionen.
Wir haben ja keinerlei Vorgaben, was konkret das Gute ist, geschweige denn einen ausgehandelten Konsens, Grundpfeiler sozusagen. Das Grundgesetz? die 10 Gebote? die Bergpredigt? Sie können zu unterschiedlichsten Meinungen über Respekt und Solidarität führen.
Soweit so gut.
Interessant wird es, wenn man das Ziel hat, ein bestimmtes Verhalten zu forcieren, innerhalb einer Community und innerhalb der Bevölkerung eines Landes.
Es gäbe einerseits die Möglichkeit der Aufklärung. Die Menschen der Community sollen erreicht werden und dann selbst entscheiden, welchen Weg sie wählen. Eine Bewertung des Verhaltens ist nicht vorgesehen, ja es wird sogar explizit davon abgesehen.
Eine andere Option ist die, eine moralische Argumentation zu transportieren: „Wenn du das tust, dann bist du solidarisch“. Der Umkehrschluss liegt auf der Hand.
Das moralische Argument kann gar zu einem Grundsatz, einer Art Wahrheit aufgebaut werden und als Argument für einen Ausschluss aus der Community dienen. Die Community schützt sich vor denen, die unsolidarisch sind und „gefährlich“ für die Gruppe. Den Ausschluss haben die Andersdenkenden nötig gemacht. Eine Wiederaufnahme in die Gruppe ist natürlich möglich, wenn die Regeln eingehalten werden.
Besondere Relevanz erhält diese Moralisierung, wenn sie vom Staat mit großem Aufwand medial installiert wird und sich in jedem Winkel unseres Alltags wiederfindet, so dass wir uns vor jedem Eingang, jeder Plakatwand, jedem Zeitungsartikel persönlich auf unsere Haltung angesprochen fühlen.
Dieser Formen der moralischen Kampagnen, die vielleicht aus Angst installiert wurden, gehen auf Dauer in Überzeugung über, dass der Andere „falsch“ ist, vielleicht sogar gefährlich. Das ist eine Haltung, die unerbittlich und zugleich sehr schwach ist.
Den Urteilen über Spaziergänger, Maßnahmenkritiker, den Nichtwählerinnen, Telegramnutzern, ebenso wie den politisch rechts oder links Stehenden, den Kirchgängern, den Homöopathiefreunden, den Esoterikern, haftet diese Moralisierung an.
Ebenso lassen sich die Perspektiven und Urteile drehen: Menschen, die nur dem ÖRR Gehör schenken, die sich dem Mainstream anschließen, Schulmedizin- und Wissenschaftsgläubige, NoCovid-Anhänger, werden moralisch „bearbeitet“.
Diese Form der Moralisierung war lange ein „Werkzeug“ der Kirchen. In unserer weitestgehend entkirchlichten Gesellschaft, scheinen sie nun ein Revival zu haben, wobei unklar klar ist, worauf sich die Moral referenziert? Welches sind die Normen? Das Grundgesetz, der Menschenverstand? Das Paradigma der körperlichen Gesundheit? Die Regeln der Schulmedizin? Die funktionierende Wirtschaft? Die Meinung der Medienmacher?
Moralische Zuschreibungen, die einen Menschen oder eine Gruppe abwerten, sind nicht die Pädagogik, die zusammenführt und Demokratie fördert. Das Gegenteil ist der Fall. Vielmehr braucht es das Gespräch, nicht um den anderen zu ändern, sondern um ihn zu fragen und zu erfahren, warum er die Dinge so sieht.
Ja und dann die Kraft, auszuhalten, dass der Andere anders ist.
Dass wir alle sehr unterschiedlich sind, ist das nicht Diversität und irgendwie auch richtig? Die Erfahrung, einen Menschen zu mögen, der eine andere politische, medizinische oder religiöse Position hat. Diese Freundschaften sind tolle Erfahrungen, außerhalb der eigenen Bubble.
Gemeinsam aus allen politischen Lagern, könnten wir uns lösen von einer Moralisierung der Positionen und der Menschen. Darüber einen öffentlichen Diskurs zu führen, wie das gelingen kann, dass wäre ein spannendes Unterfangen.

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