Metaphern, Gedanken, Tagträume… Eine kleine Geschichte.

Es war schon lange nicht mehr passiert, das sonderbare Wetter, der anhaltende Wind und die Atmosphäre taten ihr Übriges: Ich fiel aus dem Nest.

Ich musste kurz ohne Bewusstsein gewesen sein, dann schaute mich um. Wo war ich? Alles um mich herum erschien mir verändert, obwohl ich nur ein paar Meter von meinem Nest entfernt war. Ich war weich gelandet und unverletzt.

Was war passiert? Warum war nur ich aus dem Nest gefallen?

Ich war nicht erst gerade geschlüpft, das Nest war mein zu Hause, mein Hort. Hatte ich die anderen geärgert? Wollten sie mich nicht mehr oder war es mir selbst zu eng geworden?

Hatten die Anderen bemerkt, dass ich nicht mehr bei ihnen war?

Was mich wunderte, war, dass ich hier unten auf dem Waldboden allein war. Klar, der Waldboden war nicht das typische Ort für uns Vögel. Wir flogen! Warum war ich nicht geflogen, warum war ich hier „hingefallen“?

Ich probierte zu hüpfen, flatterte mit meinen Flügeln – ich war unverletzt. Was hatte das zu bedeuten?

Ohne zu denken, flog ich auf einen kleinen Ast, Sonnenstrahlen wärmten mich und ich fühlte mich aufgehoben und bedacht.

Ich sah von hier, dass es noch andere Nester gab, in denen es gesellig zuging und ich hörte, wie auch in meinem bisherigen Nest das Leben munter weiterging.

Ich merkte jetzt, dass ich zitterte, es war nicht der Ast, es war mein Gefieder.

Ich begann zu singen.

Der Klang und sein Echo gesellten sich zu mir und stimmten mich ruhig.

Es war einige Zeit vergangen, da bemerkte ich in einiger Entfernung einen anderen Vogel. Ich war nicht mehr allein. Er wirkte ganz versunken in die Musik. Als ich aufhörte, bat er mich, weiter zu singen.

„Der Neue“ war grau und groß und stark. Wir waren uns bisher niemals begegnet. Wie auch? Wir lebten in unterschiedlichen Welten. Sein Revier war die Anhöhe, meins der Wald. Ich war zu schön für ihn, er eine Gefahr für mich.

Ich mochte ihn auf Anhieb. Ich liebte die übertriebenen Erzählungen, die rohe Sprache. Er war ein Abenteurer, ein spannender Vogel.

Wir trafen uns wieder, in sicherer Umgebung an der Lichtung. Nach einiger Zeit kamen weitere Vögel dazu. Wir teilten die Erfahrung, aus dem Nest gefallen zu sein und die Freude darüber, uns begegnet zu sein. Alle hatten traurige und mutige Geschichten zu erzählen. Am Ende des Sommers flogen wir mit einer neuen Zuversicht durch die Lüfte. Manche kehrten in ihre Nester zurück, einige kommen weiter an die Lichtung und einige haben neue Nester gefunden.